
Am Samstag wurde in meinen Alarmkreisen ein Fall in F. ausgerufen und ich habe ihn kurz entschlossen übernommen. Die Geburt des Kindes stand noch aus und so war ich quasi in der Spur und immer
darauf gefasst, dass gleich das Handy klingelt. Doch erst am nächsten Morgen erhielt ich die Nachricht, dass die kleine C. in der Nacht verstorben ist und ich zu ihr und den Eltern fahren kann um
Fotos zu machen.
Ich fuhr also mit meiner kleinen Fotokiste mit Kamera, Dauerlicht und Anziehsachen für das kleine Sternchen Richtung F. Es war am frühen Nachmittag, als ich bei den Eltern vorsichtig an die
Krankenhauszimmertüre geklopft habe. Nach dem Herein sah ich die Eltern. Zwei Menschen am Ende ihrer Kraft und getroffen von dem was sich da vor wenigen Stunden ereignet hat. Die Schwere der Stimmung
die im Zimmer spürbar war hat auch mich direkt ergriffen und nachdem ich mich mit wenigen Worten vorgestellt habe, habe ich mit Papa und Mama ein paar Momente schweigend verbracht. Dennoch waren die
beiden kurze Zeit später relativ gefasst und haben sich mit mir ein wenig Abseits ihres Sternchen mit mir unterhalten. In solchen Momenten ist Ablenkung zwar kein Trost, aber eine kleine Pause und so
erfuhr ich ein wenig mehr über die kleine C., ihre große Schwester, die daheim bei Verwandten wartete und die Lebensumstände der Familie.
Ich pickte mir ein zwei Gesprächsthemen heraus und habe anschließend
kurz erklärt, wie ich meine Bilder gedenke zu machen. Die Eltern wollten erst Fotos vom Kind alleine und dann, für ein paar wenige Abzüge auch gemeinsame Zeit.
Mit den tollen Hebammen der Stationen, die unsere Arbeit so oft so unersetzlich unterstützen habe ich den Fotoraum vorbereitet und ein kleines Nestchen aus meinen Utensilien gebaut.
Die Mama gab uns noch
einen Teddybären mit Namens-Halskette mit und mir kam die Idee einer kleinen "Geschichte" auf den Bildern. Der kleine Honigschlecker sollte die süße C. schlafen legen und sie beschützen. Nachdem ich also
ein paar "normale" Fotos gemacht habe, versuchte ich den kleinen Bären zu inszenieren und habe schon auf den ersten Testfotos gesehen, dass dieses Setting der kleinen C. gut steht. Ich habe also aus verschiedenen
Blickwinkeln und Bären-Positionen ein paar Aufnahmen gemacht.

Kurze Zeit darauf traten die Eltern ins Zimmer.
C.´s Mama war sichtlich angeschlagen und in Tränen aufgelöst, während Papa T. sich tapfer hielt und seine Trauer für die Unterstützung seiner Frau unterordnete. Ich habe ihn in diesem Moment sehr bewundert
und selbst wenn ich dieses Erlebnis erzähle, habe ich auch nasse Augen. Ich habe Mama und Papa kurz Zeit gegeben und bin mit unserer Hebamme im Hintergrund geblieben um die beiden nicht zu stören. Sie nahmen
erneut Abschied, das konnte man sehen. Das wollte ich festhalten und so habe ich mich zu den Beiden gesellt und fotografiert.
Als Mensch, der relativ nah am Wasser gebaut ist, ist so etwas für mich auch handwerklich nicht immer einfach und Ab und An schliesst man beim Auslösen die Augen um nicht mitweinen zu müssen und man verlässt sich
dabei blind auf den heutzutage sehr gut arbeitenden Autofokus.
Wenn man als Fotograf in dieser Situation mitweint, nimmt man den Eltern eventuell noch mehr die Stabilität in diesem Augenblick und das Fotografieren
selbst wird dadurch nicht gerade einfacher. So bemühe ich mich, das immer erstmal in mich einzuschließen. Ich lasse mich von der Trauer der Eltern durchfluten und versuche aber, mich nicht von ihr zu beherrschen zu
lassen. Das Leid der Eltern ist für einen Menschen nicht zu erfassen, der es noch nicht erlebt hat.

So schnappte der Verschluss meiner Kamera noch wenige Male und ich zog mich aus dem Raum zurück. Ich wartete vor dem
Raum auf die Eltern und nahm sie noch ein Stück des Weges mit.
Quasi im Gehen habe ich noch erfahren, dass Papa T. auf Arbeitssuche im kreativen Bereich ist und ich habe natürlich angeboten seine Bewerbung zu streuen, wo ich nur kann. In solchen Momenten bin ich dankbar für
alles, was ich für Sterneneltern noch tun kann und ich bin mir sehr sicher, dass die kleine C. ihre Ruhe gefunden hat und ihre große Schwester sie ewig in Erinnerung behalten wird.
M. und T., danke dass ihr mir in diesem sehr intimen und emotionalen Moment euer Vertrauen
geschenkt habt und umso mehr danke ich euch, dass ich eure Geschichte hier schreiben darf
und die Bilder eurer C. Gutes tun dürfen!